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Schuberts Forellenquintett

Franz Schuberts Klavierquintett in A-Dur (D 667), besser bekannt unter dem Namen "Forellenquintett", ist eines meiner Lieblingswerke. Mit dieser Meinung stehe ich gewiss nicht alleine da, denn es gilt als eines der beliebtesten Kammermusikwerke der Klassik. Schon die Besetzung - heute als unüblich geltend, aber zur Zeit der Entstehung durchaus geläufig - spricht mich als passionierte Hobby-Pianistin besonders an: Klavier mit Streichern. Die Partitur steht auf meinem Notenregal, gern und oft greife ich danach, denn auch ohne die Begleitung durch die Streicher bietet die Musik viel. Voll entfaltet sich der Charme der Musik aber natürlich nur mit den Streichern, deren Kombination - Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass - mir sehr zusagt. Ich mag vor allem den vollen, bauchigen Klang der tieferen Streichinstrumente. 

 

Was aber macht eben dieses Quintett so besonders? In Beschreibungen werden gerne Adjektive wie hell, munter oder heiter benutzt, sogar sonnig und charmant. Ja, in der Tat, das ist diese Musik, die Schubert nach glücklichen, in der oberösterreichischen Steyr verbrachten Sommermonaten 1819 schrieb. Aber auch viel mehr. Die Melodien sind recht einfach, dafür umso einprägsamer gehalten. Durch weite Strecken des Stückes schweben sie leicht dahin, plätschern, tänzeln. Sie sind beschwingt und lustig, unterhaltsam und mitreißend.

 

Am bekanntesten dürfte der vierte Satz sein, dem das Quintett seinen Namen verdankt. Denn hier greift Schubert die Melodie seines Liedes "Die Forelle" auf. Dies geschah auf besonderen Wunsch des Musikmäzenen und Amateur-Cellisten Sylvester Paumgartner, dem das Werk dann auch gewidmet ist. Das Lied, dessen Textgrundlage alles andere als heiter ist - in ihr verweist der Dichter Christian Schubart indirekt auf seine Gefangenschaft - wendet sich in seiner Vertonung von zunächst sehr heiterem Grundcharakter hin zu einem deutlich dramatischeren Part in der dritten Strophe. Diesen Teil lässt Schubert jedoch in seinem Forellenquintett bewusst aus, was nur noch mehr die beschwingte Stimmung der Musik unterstreicht. 

 

Nichtsdestotrotz gibt es - den klassischen Kompositionsregeln folgend - im ganzen Werk immer wieder Mollpassagen. Gerade diese sind es, die das Quintett auf meiner persönlichen Favoritenliste noch weiter nach oben rutschen lassen. Als bekennender Fan dunkler, bedrückender Mollklangfarben, die meinem Empfinden nach auch ernster, tiefgründiger und irgendwie wuchtiger erscheinen als Dur-Tonarten, liebe ich gelungene Übergänge zwischen Dur und Moll. Und im Forellenquintett finde ich diese an vielerlei Stellen. Das sind für mich wahre Gänsehautmomente, die mich innehalten lassen; Augenblicke, in denen mir einmal mehr bewusst wird, das Musik für mich viel mehr ist als nur Musik. Das sind Erinnerungen, Emotionen, auch ein zu mir selbst finden und schlicht Glück.

 

Bevor ich jedoch zu sehr ins Philosophieren gerate noch ein paar weitere Worte zum Stück. Das Hin und Her zwischen den Instrumenten ist eine weitere Eigenschaft, die das Werk in meinen Augen so besonders macht. Die fünf verschiedenen Instrumente reichen sich gegenseitig immer wieder die Hauptrolle an, jedes übernimmt hin und wieder die Melodie oder die Begleitung. Dieses gelungene Wechselspiel bringt die unterschiedlichen Klangfarben der Instrumente wirkungsvoll zur Geltung, gleichwie einem Vorstellen der besten Eigenschaften der jeweiligen Stimmen. Ob es wohl so war, dass Schubert mit seinen Freunden abends im Sommer 1819 zusammen am Kaminfeuer saß, jeder ein unterschiedliches Instrument besonders wertschätze und sie dann zu ihm sagten: "Ach, Franz, wie wäre es mit einer Hauptrolle für meine geliebte Geige?" "Aber nein, mein Cello soll das Sagen haben!" Und Franz Schubert hat einem jeden seinen Wunsch erfüllt? 

 

So mag ich es mir vorstellen, denn es passt so gut zu der Sehnsucht nach Harmonie, die in der Musik mitklingt, und die an vielerlei Stellen des Werkes als erfüllt verstanden werden darf. Harmonie, die Schubert, umgeben von seinen Freunden und jungen, hübschen Damen - wie seine Briefe aus dieser Zeit uns berichten -  in diesem Sommer seines viel zu kurzen Lebens hoffentlich verspürt hat. Harmonie, Sonne, Wärme, Heiterkeit - damit sind wir wieder am Anfang dieses Beitrages angelangt - diese Eigenschaften machen das Forellenquintett so besonders, schön eben, wie die Schönen Künste sein sollen!

 

Bild: © Ilse Bollacher-Paret, Hinterglasbild; Edition Monier; zu Kaufen als Doppelkarte mit Umschlag:
https://www.musikhaus-sedlmeyr.de/shop/forelle-doppelkarte.html

 

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